Interviewfragen: Die neuesten Trends in der Lipödem Chirurgie

1. Können Sie uns etwas über die aktuellen chirurgischen Techniken zur Behandlung von Lipödem erzählen?

Grundsätzlich gibt es zwei wesentliche Absaugmethoden: wasserstrahl-assistierte (WAL) und vibrations-assistiere (PAL) Verfahren. Beide Methoden sind über einen langen Zeitraum etabliert und in Händen von erfahrenen Chirurgen können gute Ergebnisse erzielt werden. In meinen Kliniken nutze ich das Vibrations-Verfahren (PAL), da ich damit sehr gute funktionelle und ästhetische Ergebnisse erreiche und es nur zu geringen Kreislaufbeeinträchtigungen kommt, auch und insbesondere bei hohen Absaugvolumina.

Achten Sie bitte bei der Wahl Ihres Chirurgen darauf, dass es sich um einen Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie handelt, der über ausreichend Erfahrung in der Behandlung von Lipödem-Patientinnen verfügt.

Das Verfahren ist sehr gewebe- und lymphbahnschonend. Entsprechend gering fallen postoperative Komplikationen und Schmerzen aus. Auch die Langzeitergebnisse sprechen für das Verfahren, da es selten zu Rezidiven oder Residuen kommt.

2. Welche Fortschritte wurden in den letzten Jahren in der Lipödem Chirurgie gemacht?

In den letzten Jahren geht der Trend zu einer ganzheitlichen Therapie. Das heißt, dass nicht einzelne Areale sondern die kompletten Extremitäten behandelt werden. Darüber hinaus ist meine Philosophie, auch angrenzende Areale wie Gesäß, Rücken, Bauch etc. mit in die Therapieplanung einzubeziehen, wenn hier entsprechende Symptome vorliegen. Die Patientin ist schließlich nicht die Summe von Armen, Beinen und Rumpf, sondern eine ästhetische Einheit. Zudem wird durch dieses Behandlungskonzept ein Wiederaufflammen von Lipödem-Beschwerden in der Zukunft verhindert.

Darüber hinaus rückt der Nutzen von entstauenden Maßnahmen wie manueller Lymphdrainage und Kompressionsmiedern immer mehr in den Fokus. Deshalb macht es Sinn, ein Netzwerk von Physiotherapeuten, Phlebologen und Sanitätshäusern aufzubauen, die die chirurgische Therapie unterstützen und somit den Behandlungserfolg verbessern.

3. Gibt es neue Technologien oder Geräte, die in der Lipödem Chirurgie eingesetzt werden?

Radiofrequenzbasierte Verfahren können in der Zukunft eine wichtige Rolle bei der Lipödem-Therapie spielen. Aktuell ist die Studienlage dazu noch zu dünn, sodass ich hier noch etwas zurückhaltend bin.

Für mich ist die Power Assistierte Liposuktion (PAL) die erste Wahl bei der Behandlung des Lipödems. In wissenschaftlichen Arbeiten konnte dies durch meine Kollegen und mich auch bestätigt werden.

Bezüglich Hautstraffung gibt es seit wenigen Jahren ein narbenfreies und risikoarmes Verfahren, mit dem sich die ästhetischen Ergebnisse nach einer großvolumigen Absaugung noch einmal deutlich verbessern lassen. Durch den Einsatz von J-Plasma (Renuvion®) kann in vielen Fällen eine chirurgische Straffung, die mit erhöhten OP-Risiken und langen, sichtbaren Narben einhergeht, verzichtet werden. Dieses Verfahren ist meiner Meinung nach state of the art und sollte von jedem Lipödem-Chirurgen beherrscht und angeboten werden. 

4. Welche Rolle spielen nicht-chirurgische Ansätze wie Lymphdrainage und Kompressionstherapie in Verbindung mit chirurgischen Eingriffen?

Die manuelle Lymphdrainage und Kompressionsversorgung stellen wesentliche Säulen der Lipödem-Behandlung dar. Ergänzt wird die konservative Therapie durch Wassersport, antientzündliche Nahrungsmittel sowie kohlenhydrat- und salzarme Diäten.

Auch wenn die Patientinnen sich für die chirurgische Therapie entscheiden, sind Lymphdrainage und Kompressionsmieder vor und nach der OP entscheidend für den Behandlungserfolg. Jede Patientin, die sich in meinen Lipödem-Sprechstunden vorstellt, wird individuell und ausführlich bezüglich der konservativen und operativen Therapieoptionen beraten und erhält einen schriftlichen Behandlungsplan.

5. Welche Ergebnisse können Patienten von den neuesten chirurgischen Verfahren zur Behandlung von Lipödem erwarten?

Die obersten Ziele jeder Therapie sollten immer die Schmerzfreiheit und die Steigerung der Lebensqualität sein. Auch das ästhetische Ergebnis nach einer Liposuktion spielt eine wesentliche Rolle. Durch meine jahrelange Erfahrung im Bereich der Lipödem-Chirurgie mit mehreren hundert behandelten Patientinnen kann ich langanhaltende und zufriedenstellende Ergebnisse vorweisen.

Mein Qualitätsmanagement zeigt regelmäßig eine sehr hohe Patientenzufriedenheit, deutliche Besserung der Lipödem-Beschwerden (oftmals sogar mit kompletter Beschwerdefreiheit) und wenig bis keine postoperative Komplikationen. Dadurch, dass mir an meinen beiden Standorten auch nicht-chirurgische Straffungsverfahren wie Renuvion® zur Verfügung stehen, ist das ästhetische Outcome beeindruckend.

6. Wie sieht die postoperative Betreuung für Patienten aus, die sich den neuesten chirurgischen Eingriffen zur Behandlung von Lipödem unterziehen?

Die postoperative Nachsorge ist ein nicht zu unterschätzender Faktor in der Lipödem-Chirurgie. Um das optimale Ergebnis zu erzielen und den Heilverlauf zu unterstützen, wird allen Patientinnen manuelle Lymphdrainage verordnet. Zudem erhalten die Patientinnen noch während der OP ein spezielles Kompressionsmieder, das in den ersten Wochen nach dem Eingriff dauerhaft getragen werden muss.

Zusätzliche Kosten fallen für die Patientinnen nicht an, da alle Leistungen wie Thromboseprophylaxe, Kompressionsmieder und die regelmäßige Nachschau bereits in den Behandlungskosten eingepreist sind.

7. Gibt es sonst noch etwas, was Sie den Leser:innen über die neuesten Trends in der Lipödem Chirurgie sagen möchten?

Als ich vor einigen Jahren mit der Behandlung von Patientinnen mit der Diagnose Lipödem begonnen habe, erkannte ich recht schnell, wie sich durch eine gut geplante und nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft durchgeführte Therapie die Lebensqualität der Betroffenen deutlich steigern lässt. Mein ganzheitliches Behandlungskonzept konnte ich seitdem stetig erweitern und verbessern, um sowohl funktionell als auch ästhetisch die besten Resultate zu ermöglichen.

Die Erkrankung Lipödem ist belastend im Alltag, stigmatisiert und wird oft nicht richtig diagnostiziert und behandelt. Umso mehr freue ich mich, dass ich durch meine standardisierten Therapien vielen Patientinnen wieder zu einem neuen Lebensgefühl verhelfen kann. Außerdem arbeite ich durch wissenschaftliche Publikationen, Fachvorträge und Patientenfortbildungen an einer Steigerung der Awareness für dieses Krankheitsbild.

Ich freue mich sehr, wenn ich auch Sie demnächst in meiner Lipödem-Sprechstunde oder zu einer Online-Consultation begrüßen darf.