Syndaktylie - wenn Zehen unzertrennlich sind
Ursachen
Diese Fehlbildung entsteht meist in der 5.-7. embryonalen Entwicklungswoche, und entstehen meist zufällig durch Einschnürung von Bändern auf die sich entwickelnden Gliedmaßen (sog. "Amniotisches – Band- Syndrom").
Sie können aber auch Ausdruck bzw. Teil-Symptom einer genetisch vererbten Störung sein wie beispielsweise beim "Smith- Lemli- Opitz- Syndrom", das mit Herzfehlern, Nierenanomalien, auffälliger Kopfform und Leberveränderungen etc. einhergehen kann.
Die Häufigkeit wird in der Literatur mit 1: 2000-2500 Geburten angegeben. Somit ist davon auszugehen, dass in Deutschland ca. 32.000- 40.000 Menschen(!) eine Syndaktylie der Zehen besitzen.
Während bei der Syndaktylie der Finger eine frühe operative Trennung in den ersten beiden Lebensjahren angestrebt wird, da sonst das Lernverhalten bzw. das "Begreifen" in der weiteren geistigen Entwicklung des Kindes negativ beeinflusst werden kann, bleibt die Syndaktylie des Fußes ohne negative Auswirkung auf die kognitive Entwicklung. Die Syndaktylie der Zehen ist zudem selten mit einer Funktionsstörung des Fußes verbunden.
Dennoch leiden viele Syndaktylie- Patienten unter dieser Deformität, die Nicht- Betroffene allenfalls beiläufig zur Kenntnis nehmen. Die Frage, die sich stellt ist: Warum?
Ähnlich wie bei Deformitäten anderer Körperpartien, geben Syndaktylie- Patienten die mich aufsuchen einen Leidensdruck im Sinne eines ästhetisch als störend empfundenen Misstand an. Eben so viele Patienten äußern aber auch eine seelische Belastung.
Ausdruck des seelischen Leidensdruckes können exemplarisch folgende sein:
Das Vermeidungsverhalten
Die betroffenen Patienten vermeiden aus Schamgefühl die Füße nackt in der Öffentlichkeit zu zeigen, in dem sie sie permanent- auch im Sommer- in geschlossenem Schuhwerk verstecken. Somit fallen auch die Tätigkeiten weg, die zur Lebensqualität beitragen wie z.B. das Barfußgehen am Strand, Schwimmen, etc.
Das reduzierte Selbstwertgefühl
Oft wird das Gefühl des "verunstaltet" zu sein ausgedrückt. Wenn man diese Patienten dann fragt, was ihr momentan größter Wunsch sei, erhält man oft die Formulierung "Ich möchte endlich normal aussehen". Das heißt also im Rückschluss, dass diese Menschen ihren Fuß, aber auch im weiteren Sinne sich selbst als nicht- normal betrachten. Das Problem wird also vom Fuß auf die eigene und ganze Persönlichkeit projiziert. Es entsteht somit ein weiterer Punkt des Leidensdruckes, nämlich das des Stigmas.
Das Stigma
Nicht wenige der Patienten, die meine Praxis aufsuchen haben das Gefühl stigmatisiert und nicht zur restlichen Bevölkerung gehörig zu sein. Dieses Makel-Gefühl führt wiederum zu dem bereits o.g. Punkt des reduzierten Selbstwertgefühles.
Was machen, was tun?
Wie geht man mit Syndaktylie- Patienten um, die dieses Leidendruck haben?
Hierzu sollte man zunächst zur Kenntnis nehmen, dass die meisten erst gar nicht über ihr belastendes Thema sprechen weil sie sich schlicht und einfach schämen. Diejenigen, die sich dann doch anvertrauen, erhalten von ihrem Umfeld (oder auch von aufgesuchten Ärzten) dann die Antwort es sei "doch nicht so schlimm, das sieht doch keiner" oder "Du musst Dich damit abfinden".
Hierzu möchte ich aus meiner Sicht folgendes sagen:
- Fakt ist, dass die Patienten- wie bereits oben angeführt-sehr wohl dass Gefühl haben es sei schlimm und dass Jedermann auf ihre Füße starrt.
Daher sind meines Erachtens solche Empfehlungen schlechte wenn auch gut gemeinte Ratgeber, da sie den Betroffenen im Endeffekt mit ihrem Problem sich selbst überlassen und ihnen das Gefühl des Unverstanden- seins vermitteln. Doch will man sie mit ihrem Leiden allein lassen oder sie ernst nehmen und dort abholen wo sie stehen? - Es gibt in der modernen und plastisch-ästhetischen Fußchirurgie sehr erfolgreiche OP- Methoden, die das Problem dauerhaft lösen und den Patienten endgültig von ihrem Leiden befreien. Bei einwandfreier Durchführung und Auswahl der richtigen OP- Methode sind die Ergebnisse bei komplikationslosem Heilverlauf sehr gut.
OP- Methoden:
Die De- Syndaktylisation ohne Hauttransplantat
Hierbei wird die Hautbrücke der betroffenen Zehen in plastischer Vorgehensweise durch bestimmte Schnittverläufe voneinander getrennt und wieder in die neu geschaffene Zwischenzehen- Falte miteinander vernäht. Hierdurch bleiben auch die späteren Narben für das fremde Auge unsichtbar, da sie zwischen den Zehen zu liegen kommen.
Die De- Syndaktylisation mit Hauttransplantat
Ist die Hautbrücke zwischen den verbundenen Zehen zu wenig verschieblich, ist neben der oben erwähnten OP- Methode zusätzlich eine Haut- Transplantation erforderlich. Die hierzu erforderliche Vollhaut wird in der Regel z.B. aus der Leiste oder im Bereich der Sprunggelenke entnommen.
Die Nachbehandlung in einem Spezialschuh beträgt in der Regel 2- 3 Wochen, wobei in diesem Zeitraum entweder teil-/ vollbelastet werden darf oder an 2 Gehstützen entlastet werden muss. Dies muss der Operateur individuell entscheiden.
Anatomische und operative Besonderheiten:
Da zwischen den Zehen wichtige Blutgefäße und Nerven verlaufen die die Zehen versorgen bzw. ernähren, müssen diese unter allen Umständen während des Eingriffes geschont werden. Daher sollte dieser Eingriff vom Operateur mit Lupenbrille in mikrochirurgischer Vorgehensweise durchgeführt werden und gehört in die Hand eines erfahrenen Chirurgen.
Fazit:
Die plastisch- chirurgische Trennung der Syndaktylie ist eine hoch- effektive Methode, um neben der ästhetisch unschönen Erscheinungsform auch Patienten mit seelischem Leidensdruck von der Belastung dauerhaft zu befreien und ein ihnen eine natürliche und harmonische Form des Fußes zu schenken.
Adem Erdogan,
Facharzt für Chirurgie
Zertifizierter Fußchirurg (GFFC)
Ästhetischer Fußchirurg
www.adem-erdogan.de