Klinische Beobachtungen zur Erkrankung Lipödem

Klinische Beobachtungen zur Erkrankung Lipödem
Dr. med. Sebastian Michel ist Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Seine Schwerpunkte sind die körperformende Chirurgie und Lipödem-Therapie.
Erstellt am 13.04.2022 · Aktualisierung: 20.04.2022

Das Lipödem wird häufig von Ärzten und Patienten nicht als Krankheit erkannt und stattdessen wie Adipositas behandelt. Ärzte und Umfeld raten den Betroffenen, abzunehmen, mehr Sport zu machen und weniger zu essen. Trotz Sport und zahlreicher Diäten können die Patientinnen jedoch an den Armen und Beinen nicht abnehmen, was zu Frustration, einem niedrigen Selbstwertgefühl, Depression und Essstörungen führen kann. Der Körperstamm ist in vielen Fällen schlank, so dass eine Dysproportion entsteht.

Frauen sind besonders betroffen

Die Erkrankung betrifft ausschließlich Frauen und wird in Phasen von hormonellen Umstellungen ausgelöst oder verschlechtert sich. Pubertät, hormonelle Kontrazeption ("Pille"), Schwangerschaften oder Wechseljahre werden häufig als Erkrankungsbeginn oder Auslöser eines Schubs benannt. In vielen Fällen liegen Begleiterkrankungen wie Schilddrüsenfunktionsstörungen und das PCO-Syndrom vor. Genetische Faktoren spielen eine große Rolle, so dass meistens auch weibliche Familienmitglieder betroffen sind.

Die Krankheit wird oft nicht oder erst sehr spät richtig diagnostiziert und die Patienten verzweifeln an gescheiterten Diätversuchen und intensiviertem Sport. Das soziale Umfeld gibt gut gemeinte Tipps zum Abnehmen, die aber selten zum Erfolg führen. Psychische Probleme wie Körperbild- oder Essstörungen müssen mitunter von professionellen Therapeuten behandelt werden.

Stage 3 Lipödem
Stage 3 Lipödem

Ursachen des Lipödems

Die genaue Entstehung des Lipödems ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt, auch wenn die internationale Forschung größte Mühen unternimmt, die Ursachen zu erkunden. Die frühzeitige Diagnosestellung und Einleitung einer adäquaten Therapie ist deshalb nicht einfach. Aktuelle Leitlinien empfehlen, zunächst konservativ zu therapieren, z. B. mittels manueller Lymphdrainage, Kompressionsversorgung, Aqua-Sport und psychosozialer Unterstützung. Führt dies zu keinem dauerhaften und bleibenden Erfolg, können Schmerzen und somit der Leidensdruck nur durch eine fachgerecht durchgeführte Liposuktion verringert werden können. Dabei werden große Volumina der krankhaft veränderten Fettzellen schonend und minimalinvasiv entfernt.

Um betroffenen Patientinnen besser helfen zu können, sollte die Sensibilität für das Krankheitsbild in der Gesellschaft und bei Ärzten gesteigert werden. Insbesondere die frühzeitige Diagnosestellung erhöht den Behandlungserfolg.

Lipödem nicht nur an Armen und Beinen

Die wissenschaftlichen Fachpublikationen gehen davon aus, dass das Lipödem ausschließlich an Armen und Beinen auftreten kann. Unsere klinischen Beobachtungen zeigen jedoch, dass auch andere Areale betroffen sein können. Hierzu veröffentlichen wir auch regelmäßig Fachartikel, um langfristig ein Umdenken bei Behandlern zu erreichen. Wir konnten beispielsweise feststellen, dass es in vielen Fällen nach einer Absaugung an Armen und Beinen zu einer symptomatischen Volumenzunahme am Bauch, den Brüsten oder dem Kinn kommt. Somit ist davon auszugehen, dass auch hier Veränderung der Zellen im Sinne eines Lipödems vorliegen. Wichtig ist, dass die Forschung weiter an der Erkundung der Ursachen und der Verbesserung der Diagnosestellung arbeitet, um die Behandlung von Betroffenen zu optimieren und die Lebensqualität dauerhaft und nachhaltig zu verbessern.

Dr. med. S. Michel
Dr. med. S. Michel

Behandlungsmethoden des Lipödems

Nach ausbleibendem Therapieeffekt der konservativen Maßnahmen ist die großvolumige Liposuktion zu diskutieren. Im Wesentlichen gibt es zwei Methoden zur Behandlung des Lipödems: Die „Water Assisted Liposuction“ (WAL) und die „Power Assisted Liposuction“ (PAL). Beide Verfahren können die Anzahl der krankhaften Fettzellen verringern und die Beschwerden lindern. Der große Vorteil des PAL-Verfahrens besteht in der effektiven und flüssigkeitssparenden Absaugung. Es können deutlich höhere Absaugvolumina erreicht werden als beim WAL-Verfahren. Die durchschnittliche Absaugmenge an Fett beträgt mit unserer Technik knapp acht Liter pro OP, mit dem Wasserstrahlverfahren WAL erreicht man jedoch nur etwas mehr als die Hälfte davon. Dadurch lässt sich die Anzahl der notwendigen OPs reduzieren. Dies reduziert mögliche Komplikationen, Kosten und Ausfallzeiten der Patientinnen. Hinzu kommt beim PAL-Verfahren der ästhetische Vorteil, dass der Operateur jederzeit das Gewebe genau beurteilen kann, da es nicht durch einen stetigen Wasserstrahl aufgepumpt wird.

Dr. med. S. Michel bei der OP
Dr. med. S. Michel bei der OP

Die Nachbehandlung ist ein entscheidender Faktor für ein gutes und zufriedenstellendes Ergebnis. Manuelle Lymphdrainage und das Tragen von Kompressionsmiedern sind entscheidend für den Therapieerfolg. Bereits während des stationären Aufenthaltes beginnen wir mit der manuellen Lymphdrainage durch unsere speziell ausgebildeten Physiotherapeuten. Ebenso erhalten unsere Patientinnen noch während der Operation passende Kompressionsmieder angezogen. Die Lymphdrainage und Kompression sollten für mindestens sechs Wochen fortgeführt werden.

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