Die Bauchdeckenstraffung nach Avelar fesselt nicht ans Bett
Herr Dr. Pointinger, würden Sie eine Bauchdeckenstraffung als einen großen Eingriff bezeichnen?
Absolut! Es ist mit Sicherheit kein kleiner Eingriff. Die Patienten haben eine relativ große Wundfläche, die den menschlichen Körper zweifellos belastet.
Welche generellen Risiken hat eine Bauchdeckenstraffung nach der traditionellen Methode?
Für diesen Eingriff ist es charakteristisch, dass Patienten nicht sofort aufstehen dürfen, um eventuellen Nachblutungen vorzubeugen. Es werden immer Drainagen eingelegt, wodurch die Patienten noch zusätzlich an das Bett gefesselt werden. Da steigt das Risiko für Thrombosen und Embolie. Nicht selten bekommen die Patienten dann durch das lange Liegen auch Kreuzschmerzen, die wiederum mit Schmerzmitteln behandelt werden müssen. Dies führt häufig zu Blutdruckabfall und anschließend zu Schwindel und Magenschmerzen. Häufig werden die Patienten auch auf eine spezielle Diät gesetzt. All dies hat zur Folge, dass sie länger im Spital bleiben müssen und der Eingriff für sie ein Leben lang eine schlechte Erfahrung bleibt.
Sie gehören zu den wenigen plastischen Chirurgen, die die Methode nach Juarez Avelar anwenden. Diese Methode soll, wie Sie sagen, schonender sein. Inwieweit ist der Ablauf der OP an sich schonender?
Ich mache die Eingriffe im Dämmerschlaf. Das bedeutet, man schläft wie ein narkotisierter Patient, muss aber nicht beatmet werden. Dadurch spare ich mir die Muskelrelaxantien für die künstliche Beatmung, die oft zu Schwindelgefühlen und einer längeren Erholungsphase führt. Nach dem Dämmerschlaf kann der Patient aufstehen und sich sofort bewegen. Dem Patienten wird ein Lokalanästhetikum mit einer Tumeszenzlösung verabreicht. Diese Flüssigkeit tritt dann später aus der Wunde aus und sorgt durch den sogenannten Wash-Out Effekt dafür, dass dort keine Keime bleiben. Antibiotika gebe ich nur intravenös vor der Operation. Nach dem Eingriff wird die Wunde mit einer Kompressionsbinde bedeckt, die verhindert, dass es zu Einblutungen kommt. Dadurch kann man die Patienten sofort mobilisieren.
Seit den neunziger Jahren ist bei der Allgemeinchirurgie der Trend zur Fast Track Surgery entstanden. Das bedeutet, dass die Patienten so schnell wie möglich wieder in ihre gewohnten Lebensumstände zurückkehren. Es wird höchste Zeit, dass sich das auch in der plastischen Chirurgie durchsetzt, sodass man nicht immer jeden, der sich einem Eingriff unterzieht, auf die Liste der Schwerkranken schreiben muss. Mit der schonenden Methode ist es viel besser möglich, den Patienten vor Komplikationen zu schützen. Mir ist es außerdem sehr wichtig, dass sich die Patienten wohl fühlen. Das ist mit dieser Operationstechnik möglich.
Bei der üblichen Bauchdeckenstraffung nach der konventionellen Methode wendet man die Tumeszent-Technik nicht an?
Richtig. Es werden auch die Schichten weniger schonend präpariert, weil man praktisch alles wegschneidet. Bei der schonenden Methode haben die Fettzellen die Flüssigkeit absorbiert und sich vom umliegenden Gewebe gelöst. Man kann das Fettgewebe direkt danach absaugen und die Figuroptimierung durchführen.
Ähnelt die Avelar-Methode der Lipo-Abdominoplastik, bei der auch eine Tumeszenzlösung verwendet wird? Wie ist die Schnittführung bei der Avelar-Methode?
Ja, grundsätzlich kann man die Avelar Methode auch als eine Lipo-Abdominoplastik bezeichnen. Die Schnittführung wird von mir so gewählt, dass die Narbe möglichst unauffällig bleibt.
Welche Vorteile hat diese Methode für den Patienten?
Durch die lokale Betäubung kann ich dem Patienten eine Vollnarkose ersparen, sodass er nicht künstlich beatmet werden muss. Die Nebenwirkungen können also damit deutlich reduziert werden. Nach dem Dämmerschlaf ist der Patient nicht so sehr in seiner Bewegung eingeschränkt. Dadurch wird das Thromboserisiko minimiert. Der größte Vorteil für den Patienten besteht darin, dass er schnell wieder nach Hause gehen kann und nicht im Spital bleiben muss. Wenn man mitten im Beruf steht, ist dies ein entscheidender Faktor, denn bei konventionellen Methoden ist es durchaus üblich, dass man eine ganze Woche im Krankenhaus bleibt.
Kann man die Avelar Methode als einen ambulanten Eingriff bezeichnen?
Es ist kaum zu glauben, aber ja, durchaus. Und das Risiko für Nachblutungen und Komplikationen ist auch nicht höher, sondern nach meiner Erfahrung sogar geringer als bei der konventionellen Methode.
Herr Dr. Pointinger, wir danken Ihnen velmals für dieses informative Interview.