Prof. Gubisch spricht von Rhinoplastik - Nasenchirurgie

Prof. Gubisch spricht von Rhinoplastik - Nasenchirurgie
Von Prof. Dr. med. Wolfgang Gubisch
Prof. Dr. med. Wolfgang Gubisch ist ein erfahrener Plastischer Chirurg, der spezialisiert ist auf die funktionelle und ästhetische Nasenchirurgie sowie der Lidchirurgie.
Erstellt am 8.07.2010 · Aktualisierung: 28.02.2023

Wir haben im Aachen den Professor Dr. med. Wolfgang Gubisch - den Vizepräsidenten VDÄPC und DGPRÄC und einen der weltberühmtesten Nasenspezialisten, der schon über 10 000 Nasen operierte, getroffen. Er spricht über die Knorpel-Skelet Technik, über Reoperationen, die 60% seine Arbeit ausmachen, aber auch von Bildung der jungen Ärzte, die er selber leitet. Hier ist das Interview, das er uns gegeben hat. Sie werden noch erfahren, was man als Nasenspezialist alles können und womit man sich beschäftigen muß, damit alle Operationen gut verlaufen.

Herr Professor, Sie haben eine Technik entwickelt, die die Nase wieder herstellt- die Knorpel-Skelet-Technik. Können Sie mir ein paar Sätze dazu sagen?

Wir selbst haben keine eigene Technik entwickelt,  wir gehen da auf die Techniken von Gary Burgett aus Chicago und Fred Menick aus Phoenix/Arizona, die wir gut kennen, zurück, die vor allem davon ausgehen, dass man die Nase genauso wieder aufbauen muss, wie sie anatomisch ist,  das heißt man braucht ein Innerlining,  ein stabiles Knorpelgerüst, eine äußere Bedeckung. Man soll die Haut für die äußere Bedeckung nicht aus der Nachbarschaft wie z. B.  der seitlichen Wange nehmen, sondern von der Stirn, weil die Stirn von der Struktur und von der Farbe genau die gleiche Qualität hat wie die Nasenhaut. Diese Techniken, insbesondere mit der Abstützung des Knorpels, zum Teil auch in Arealen, wo anatomisch kein Knorpel ist,  ermöglicht es uns, Nasen wieder aufzubauen, denen man kaum ansieht,  dass sie rekonstruiert sind. Das ist ja das eigentliche Ziel. Die Narbe an der Stirn sehen Sie praktisch nicht. Deshalb sind wir sehr großzügig in der Indikationsstellung. Bei kleinen Defekten der Nasenflügel würden viele Kollegen Gewebe von der Wange verwenden, weil es in der Nachbarschaft liegt. Diese Rekonstruktionen werden nie so schön wie mit Gewebe aus der Stirn, aber man muss zusätzlich Knorpel unterfüttern, so dass das verlagerte Gewebe nicht schrumpfen kann. Das ist das Entscheidende. Ein Problem ist manchmal die Wiederherstellung der Innenauskleidung und auch da sind wir dazu übergegangen, nicht nur gestielte Gewebeverlagerungen vorzunehmen, sondern auch freie Haut, was aber bedeutet, dass man den Knorpel dann getrennt in einem weiteren Schritt einpflanzen muss. Bei Rekonstruktionen der gesamten Nase ist es für die Wiederherstellung der Innauskleidung notwendig, mikrovaskuläre Techniken zu verwenden, was einen sehr großen Aufwand darstellt.

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Was genau kann sich der Patient unter Vorsprung durch Spezialisierung vorstellen?

Das ist  für mich eine klare Konzeption, entweder spielt man in der Champions league  auf einem Gebiet und  konzentriert sich darauf, hat dort große Erfahrung und gibt dem Patienten maximale Sicherheit oder man ist von seinem Temperament her so gelagert, dass man möglichst ein großes Spektrum den Patienten anbieten möchte, aber dann  ist auch klar, dass man nur in der Mittelklasse spielen kann.  Schon der Umfang der aktuellen Literatur ist so groß, dass man gar nicht die Zeit hat,  in mehreren Gebieten wie z. B. der Brustchirurgie, der Faceliftchirurgie und der Nasenchirurgie auf dem aktuellen Stand zu sein.  Vorsprung durch Spezialisierung bedeutet für uns, dass wir uns auf das Gebiet der Nasenchirurgie spezialisiert haben und derartige Operationen in so großer Zahl durchführen, wie nur wenige Zentren auf der Welt. Deshalb glauben wir, dass wir besser sind.

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Sie sind einer der besten Nasenchirurgen der Welt und korrigierten schon über 10 000 Nasen, es ist bewundernswert. Gibt es etwas, was Sie noch besser machen wollen?

Es gibt immer Sachen die man besser machen will und auch unsere Technik ändert sich laufend. Dabei ändern sich auch die Herausforderungen, da 60 % meiner Patienten  von anderen Kollegen  voroperiert sind, bei denen die Operation nicht gelang. Das erste was wir kontinuierlich verbessern wollen, ist die Analyse,  d.h., dass man bereits vor dem Eingriff noch detaillierter weiß, was einen erwarten wird. Eine weitere Herausforderung ist: Wie kann man das durch die Voroperation verlorengegangene Gewebe ersetzen? Mit körpereigenem Gewebe, das zumindest das Beste ist oder mit Fremdgewebe oder mit Kunststoffen.  Ich kann mir durchaus vorstellen, dass die Kunststoffe noch verbessert werden können und diese dann auf Dauer in bestimmten Fällen mit gutem Resultat eingesetzt werden können.  Ein wichtiges Problem ist auch der Langzeitverlauf verschiedener Techniken, der geklärt werden muss. Es ist ja so, wenn ich heute einen Patient mit 25 Jahren operiere, dann hat er noch eine Lebenserwartung von 60 Jahren. Wir sehen den Patienten oft abschließend nach einem Jahr. Dann wird sich sicherlich aber noch sehr viel ändern. Deshalb ist die Langzeitbeobachtung und Langzeitkontrolle so wichtig. Es gibt neue Techniken, wo wir noch nicht wissen was passiert, z. B. auch die Idee eines amerikanischen Freundes, Prof. Rollin Daniel, bezüglich der Korrektur von Sattelnasen. Früher hat man Rippenknorpeltransplantate in einem Stück verwendet und dieser Rippenknorpel verbiegt sich in 60 % der Fälle.  Man kann aber diesen Knorpel ganz klein schneiden und ihn in Muskelhaut einhüllen, dann hat man ein optimales Transplantat. Man kann unterschiedlichen Knorpel vom Ohr oder von der Rippe verwenden und unterschiedliche Muskelhaut,  vom Kaumuskel,  vom Oberschenkel oder auch Muskelhaut von Toten. Die Ergebnisse sind möglicherweise  völlig unterschiedlich. Diese Indikationen klar herauszuarbeiten und zu klären, welche Technik ist sicher, das sind Aufgaben, die wir auch jetzt konkret ins Auge gefasst haben und die wir forschungsmäßig bearbeiten.

Ich habe gelesen, dass psychische Probleme den Patienten einen Ärger bereiten. Wenn man nicht ganz genau feststellt, was dem Patienten wirklich fehlt, ob das nur die Nase ist, oder ob ein psychisches Problem vorliegt.

Es ist sicherlich sehr wichtig, dass man eine genaue Analyse treffen muss. Ich operiere nur einen Patienten,  dessen Problem ich nachvollziehen kann.

Wie ist es mit der Weiterbildung von jungen Ärzten?

Das ist eines meiner ganz großen Anliegen und da haben wir auch ein Programm aufgelegt, das erstaunlicherweise im Ausland und von  HNO Ärzten fast mehr wahrgenommen wird, als von den deutschen Plastischen Chirurgen.  In diesem Jahr habe ich zum 18. mal den internationalen Kurs für Funktionelle und Ästhetische Nasenchirurgie durchgeführt und bin einer der wenigen, die im Rahmen solcher Kurse live operieren. Heute bringen die meisten Kollegen  nur  Videos mit und setzen sich damit nicht der Situation aus, dass sie während der Operation in Schwierigkeiten kommen. Für die Zuschauer ist es aber besonders interessant zu sehen,  was macht einer,  der einen großen Namen hat, wenn er in Schwierigkeiten kommt. So sehen die Kursteilnehmer 10 Liveoperationen, 5 oder 6 von mir und 4 vom meinem Oberarzt. Wir hatten auch schon Gastoperateure eingeladen. Dadurch wird der Gewinn für die Kursteilnehmer aber nicht größer sondern wir haben festgestellt, dass dann die Klarheit des Konzepts verlorengeht, weil doch verschiedene „Schulen“ vorgestellt werden.  Als weitere Fortbildungsmöglichkeit bieten wir für  junge plastische Chirurgen in Ausbildung einen Kurs an, der immer zwei Tage dauert,  bei dem die Kollegen morgens mit in den OP gehen und mittags und abends dann die theoretischen Überlegungen diskutiert werden. Wir haben jetzt auch einen Fortgeschrittenenkurs eingeführt, das heißt Kollegen, die in Deutschland und im deutschsprachigen Ausland sich bekanntermaßen intensiv mit der Nasenchirurgie beschäftigen und viele Nasen operieren, laden wir einmal im Jahr nach Stuttgart zu einem Touch-up ein, um sozusagen auf höchstem Niveau einen ähnlichen Kurs anzubieten, wie oben beschrieben, d.h. die Kollegen gehen zwei Tage mit in den OP und abends gehen wir dann gemeinsam essen, aber es geht auch dort nur um die Nasen.  Wir haben jetzt  so zu sagen drei verschiedene Level an Fortbildungen, die wir anbieten: Für  jungen Assistenten, für  junge Fachärzte,  die aber noch keine oder wenig Erfahrung in der Nasenchirurgie haben  und dann für die sogenannten  ‚Sehr Erfahrenen‘ einen Touch-up.

In wie fern ist es eine mathematische Kunst und in wie fern handelt es sich um Talent oder Geschicklichkeit?

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Prof. Dr. med. Wolfgang Gubisch

Als mathematische Kunst funktioniert  Nasenchirurgie sicher nicht.  Es ist vielmehr eine handwerkliche Herausforderung, bei der man sehr schonend mit dem Gewebe umgehen muss und man braucht auch ein ästhetisches Empfinden. Theoretische Vermessungen der Nase,  wie z. B. das ideale Profil: ein Drittel Stirn, ein Drittel Nase, ein Drittel Untergesicht, können nur als Anhalt dienen. Eine zurückliegende Stirn kann man nicht einfach versetzen,  dies kann aber entscheidend für den Gesamteindruck sein. Da kann man dem Patienten dann z. B. eine andere Frisur empfehlen, um das Problem etwas zu kaschieren, aber  man muss mit den anatomischen Gegebenheiten umgehen, die man vorfindet und es ist deshalb kein mathematisches Problem, sondern Sie müssen ein ästhetisches Gefühl haben und müssen handwerklich sehr gut sein.

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Sie halten hier in Aachen einen Vortrag über Knollspitzennasen, können Sie für unsere Leser kurz zusammenfassen, warum dies eine Herausforderung für die Ärzte ist?

Die  plumpe Nasenspitze ist insofern eine große Herausforderung, da die meisten Patienten eine schmale Nasenspitze haben wollen. Das ist aber oft gar nicht einfach und hängt vor allem von der Hautqualität ab. Eine dicke Haut kann nämlich nicht schrumpfen, doch dies muss berücksichtigt werden, wenn das Knorpelgerüst, das für die Form der Nasenspitze mitverantwortlich ist, neu geformt wird. Leider gibt es viele Kollegen, die die Vorstellung haben,  je mehr  sie von dem Knorpel entfernen, desto schmaler würde die Nasenspitze.  Dies ist aber ein großer Trugschluss. Dies mag möglicherweise ein Jahr lang erfolgreich aussehen, auf Dauer aber immer  in die Katastrophe führen. Ich habe nun  verschiedene  Techniken entwickelt, die ich heute vorstelle,  wie man dieses Knorpelgerüst wieder rekonstruieren kann. Dies sind meist sehr aufwändige Maßnahmen, während der Knorpel vom Voroperateur sehr schnell entfernt wurde.  Bei allen den Patienten kommt es immer zu einem  im Umfang unterschiedlichen Absinken der Nasenspitze und das ist dann das  eigentliche Problem. Wenn man eine plumpe Nasenspitze hat, muss man die dicke Haut eher durch eine Verstärkung des Knorpelgerüstes strecken, anstatt Knorpel zu entfernen,  weil die Vorstellung falsch ist, dass die plumpe Nasenspitze dadurch  schmaler werden würde.

Es ist wahrscheinlich eine sehr schwierige Operation?

Ja, das schwierigste ist, das Knorpelgerüst wenn es fehlt,  wieder zu rekonstruieren.

Ich wollte Sie noch fragen: ‚Schicken Sie Patienten auch weg und welche Gründe gibt es dann dazu?

Der Hauptgrund ist, wenn die Patienten unrealistische Vorstellungen haben. Wenn ich merke, dass das was der Patient sich vorstellt einfach nicht umzusetzen ist, dann schicke ich ihn weg. Oder wenn ich den Eindruck habe, dass der Patient das Problem an der Nase massiv überbewertet und somit eine Körperempfindungsstörung  vorliegt. Dann ist es eigentlich verboten, die Nase zu operieren. Man geht davon aus,  dass in den Praxen von Plastischen Chirurgen 20 % aller Patienten solch ein gestörtes Körperempfinden haben, was als „Dysmorphophobie“ bezeichnet wird. Ich glaube nicht, dass in meiner Praxis sehr viele Patienten  eine gestörte Körperwahrnehmung haben, wenn man dies aber feststellt, dann darf man so jemanden nicht operieren, weil das nur zu Problemen führt, die letztendlich sehr viel Zeit kosten und letztendlich wird sowohl der Patient als auch der Chirurg unzufrieden sein.

Es gab ja auch schon Vorfälle wo der Patient den behandelten Arzt erschoß.

Ja da haben Sie recht.

Sie spielten in der Jugend Klavier, vielleicht spielen Sie jetzt auch noch.

Nein, nein  ich spiele nicht mehr (ein freundliches Lachen)

Sind Sie der Meinung, dass es Ihnen bei der Arbeit geholfen hat?

Nein ich denke überhaupt nicht. Ich denke, man muß handwerklich gut sein, man darf keine zwei linken Daumen haben und muß sehr geschickt sein, aber es hat mit Klavierspielen sicherlich nichts zu tun. Ich hätte jetzt – leider - auch keine Zeit dazu, weil ich 12 bis 14 Stunden am Tag in der Klinik bin.

Dr. med. Daniel Rittirsch
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