Optimale Implantatlage & sportliche Aktivitäten nach der Brustvergrößerung
Die Diskussionen zum Thema der Implantatlage spalten die Fachwelt seit Jahrzehnten. Unter der generellen Aussage, dass diese Frage immer individuell und fern jeglichen Dogmatismus beantwortet werden soll, wollte ich hier einen Aspekt beleuchten, welcher dabei nach meiner Meinung in der Regel zu wenig, bis gar keine Beachtung findet. Ich versuche in diesem Beitrag solche Nomenklatur zu verwenden, die auch von fachfremden Lesern verstanden werden kann. In dieser Form ist es natürlich nur eine sehr verkürzte und vereinfachte Beschreibung der Problematik möglich.
Schultergelenk und submuskuläre Lage
Es geht mir hier um die Biomechanik des Schultergelenkes und deren Beeinflussung durch die submuskuläre Lage eines Brustimplantates. Durch diese Lage werden zwar mehrere Muskeln des Schultergürtels beeinträchtigt, zwecks Vereinfachung nehmen wir jedoch hier nur den Pectoralis major (großer Brustmuskel) als Hauptbeteiligten in Betracht.
Unter Berücksichtigung des Pivots (Drehpunkt) im Schultergelenk, des Ansatzpunktes des genannten Muskels und des anderen Pivots im Ellenbogengelenk bildet der Oberarmknochen physikalisch einen Hebel, deren Armverhältnis je nach anatomischer Normvariante ca. 1:10 beträgt. Der gegenpolige Muskelansatz befindet sich am Brustbein und teils am Schlüsselbein.
Beim Anspannen des Muskels verlaufen seine Fasern in der Anfangsphase leicht bogenförmig, dann zunehmend geradlinig. Im Falle eines submuskulär platzierten Implantates weicht dieser Spannungsvektor unter Berücksichtigung der Rippenkrümmung um bis zu 45° davon ab. Besonders geschieht es in der Anfangsphase der Bewegung.
Implantatlage im Bezug auf sportliche Aktivitäten
Stellen wir uns jetzt vor, dass die Patientin ein einfaches Bankdrücken mit nur 40 Kg Belastung (20 Kg je Arm) oder eine Liegestütze ausführt. Die Muskelfaserspannung beträgt dabei durch das Hebelverhältnis 200 Kg. Bei um 45° abweichenden Zugvektor entsteht ein Druckvektor von 100 Kg, der direkt auf das Implantat wirkt. Er verteilt sich zwar auf die große Fläche des Implantates so das dieses nicht direkt beschädigt wird, aber die hier wirkenden Kräfte sind nicht zu vernachlässigen. Und diese stark vereinfachte Rechnung bezieht sich auf die statische Belastung. Die in der Praxis auftretenden dynamischen Belastungen, insbesondere in der Startphase und in der Bremsphase können leicht das Dreifache davon erreichen.
Häufig werde ich gefragt, ob ein Verzicht auf derartige Übungen eine Lösung für diese Probleme wäre. Dem ist aber leider nur teilweise so. Die Pfanne des Schultergelenkes ist verhältnismäßig flach. Die Stabilisierung des Gelenkkopfes in dieser Pfanne wird daher auch aktiv durch die beteiligte Muskulatur ausgeübt. Der Pectoralis major ist dabei auch einer von den wichtigen Stabilisatoren und wird unwillkürlich bei fast jeder Bewegung im Schultergelenk aktiviert.
Wahl der optimalen Implantatlage
Was für Schlüsse sollte man daraus ziehen? Wo soll dann das Implantat hin? Je sportlich aktiver die Patientin ist, desto stärker sollen die genannten Aspekte berücksichtigt werden. Es gibt aber auch Alltags- oder Berufsaktivitäten jenseits vom Sport, die eventuell gegen eine submuskuläre Implantatlage sprechen können.
Die Problemlösung soll daher immer individuell erfolgen. Der erste Schritt in dieser Richtung ist somit eine persönliche Konsultation in der Sprechstunde.
Über Dr. med. Jaroslaw Tribull-Potapczuk
Dr. med. Jaroslaw Tribull-Potapczuk ist Facharzt für Plastische Chirurgie in Berlin, der über langjährige Erfahrung verfügt und insbesondere Wert darauf legt, dass sich die Patienten bei ihm wohlfühlen. Die Beratungen zeichnen sich durch ihre Ausführlichkeit und Transparenz aus; besonderes Augenmerk wird auch die Vorsorge und die Nachsorge gelegt.