Gesundheit vor Schönheit
Herr Dr. Kuschnir, Sie sind ein sehr erfahrener Operateur. Bei wie vielen Patienten läuft trotzdem etwas schief?
Ich habe tausende Operationen durchgeführt, und trotzdem kann ich nicht jedes Risiko ausschließen. Es gibt immer wieder mal Situationen, die nicht optimal verlaufen sind. Wenn ich mir z.B. die Ergebnisse von Nasenkorrekturen anschaue, die ich vor dreißig Jahren operiert habe, so bin ich mit dem einen oder anderen Ergebnis retrospektiv betrachtet nicht wirklich zufrieden. Aber die Patienten waren damals mit ihren Nasen zufrieden. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass es sicherlich eine Dunkelziffer von Patienten gibt, die mit dem Ergebnis unzufrieden waren, sich aber bei mir nicht wieder vorstellten. Selbstkritisch sollte man eingestehen, dass nicht alle Ergebnisse zu 100% zufriedenstellend sein können. Medizinische Komplikationen, das heißt Zwischenfälle wie Herz-Kreislaufversagen, Thrombosen, Embolien, habe ich während meiner Laufbahn zum Glück noch nicht erlebt. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass mir so etwas einmal passieren kann – dieses Risiko besteht immer, man kann es jedoch minimieren, indem ich vor der Operation die gesundheitlichen Risiken des Patienten individuell bewerte und eine Vielzahl meiner Behandlungen z.B. in örtlicher Betäubung oder in einem leichten Dämmerschlaf durchführe.
Wie klären Sie Ihre Patienten über mögliche Risiken auf?
Jeder Patient hat sein eigenes Risikospektrum. Ich als Operateur habe die Pflicht, den Patienten darüber aufzuklären. Für jede Operation gibt es vorgefertigte Aufklärungsbögen, die individuell in einem ausführlichen persönlichen Gespräch ergänzt werden. Dabei sollte auf alle Eventualitäten hingewiesen werden, die während einer Operation auftreten können. Das ist wie bei einem Beipackzettel für eine Kopfschmerztablette: Um möglichen Regressforderungen vorzubeugen, muss der Arzt alle möglichen Komplikationen aufzählen – auch diejenigen, für die nur ein winziges Risiko besteht. Es ist wichtig, dass zwischen Arzt und Patient ein vertrauensvolles Verhältnis entsteht. Der Patient muss sich darauf verlassen können, dass ich ihn umfassend darüber aufkläre, welche Risiken bestehen – sowohl in medizinischer als auch in ästhetischer Hinsicht.
Wie nehmen Sie ihren Patienten die Angst vor der OP?
Die Ängste der Patienten sind individuell. Letztlich ist entscheidend, dass der Patient weiß, der Arzt geht professionell vor. Das Vertrauen zum Arzt muss gegeben sein, auch wenn ich dem Patienten die Angst nicht nehmen kann. Wenn ein Patient vor einer Operation sehr unruhig ist, kann ich ihn auch in einen Dämmerschlaf versetzen oder ihm ein Beruhigungsmittel geben. Die menschliche Seite des Arztes, sein Einfühlungsvermögen ist in diesen Fällen gefragt.
Was tun Sie, um das Komplikationsrisiko gering zu halten?
Wenn möglich, operiere ich möglichst in örtlicher Betäubung ( s.o.). Außerdem darf das Operationskonzept den Rahmen der Möglichkeiten nicht sprengen. Und natürlich müssen vorher alle möglichen medizinischen Risiken angesprochen werden. Bei größeren OPs bedeutet das, dass auch Befunde anderer behandelnder Ärzte hinzugezogen werden müssen.
Ein Operateur muss vor allem drei Voraussetzungen mitbringen: ein detailliertes anatomisches Wissen natürlich, ein subtiles Vorgehen und nicht zuletzt eine optimale technische Ausrüstung.
Welche Eingriffe sind besonders riskant?
Man kann nicht pauschal sagen, welche OP s am riskantesten sind und dass das Risiko mit der Dauer einer OP steigt. Facelifts oder Körperstraffungsoperationen dauern beispielsweise mehrere Stunden, ohne dass dadurch das Risiko für den Patienten, realistisch betrachtet, zunimmt. Ein Operateur muss grundsätzlich immer auf Zwischenfälle vorbereitet sein, d.h., er muss in der Lage sein, auch auf allgemeinmedzinische Komplikationen adäquat zu reagieren, die während einer OP auftreten können.
Was machen Sie, wenn ein Patient nicht mit dem Ergebnis zufrieden ist?
Ich stehe zu meiner Arbeit und zu meinen Patienten. Das bedeutet, dass wenn ein Patient mit dem ästhetischen Ergebnis berechtigt nicht zufrieden sein sollte, ich ihm eine kostenlose Nachkorrektur anbiete.
Wenn jemand sich ein jugendlicheres Gesicht wünscht, aber Angst vor dem Skalpell hat: Welche Möglichkeiten gibt es?
Neben der ästhetischen Chirurgie gibt es auch die konservativ-ästhetische Medizin. Die Zeichen der Zeit werden hier ohne einen operativen Eingriff behandelt, wie zum Beispiel bei der Faltenbehandlung mit Fillern (z.B. Eigenfett, Hyaluronsäure) oder Botolinumtoxin. Natürlich gibt es auch hier Risiken, aber die liegen ausschließlich in der Verantwortung des behandelnden Arztes. Wenn dieser z.B. Lippen mit dem falschen Material aufspritzt, kann das Ergebnis misslingen.
Wie sind Patienten sicher, an den richtigen Arzt zu geraten?
Es gibt im Bereich der ästhetischen Chirurgie und Medizin immer mehr schwarze Schafe, Ärzte, die solche Behandlungen durchführen, obwohl sie dafür nicht ausreichend qualifiziert sind. Dieses Feld ist ein wirtschaftlich interessanter Markt. Deshalb wünsche ich mir, dass Patienten sich vorab ausreichend informieren – und sich im Zweifelsfall eher gegen einen Arzt entscheiden.
Negativmeldungen zum Beispiel über Botox oder misslungene Schönheits-OPs geistern immer wieder durch die Medien. Was ist dran an diesen Berichten?
Botox ist, anders als in vielen Medien kolportiert, eine Substanz, die der Körper abbaut. Bei sach- und fachkundiger Anwendung von Botulinumtoxin sind Risiken auszuschließen. Gerade diese Substanz ist in der Allgemeinmedizin, wo es in viel höheren Dosierungen zum Einsatz kommt als in der konservativ-ästhetischen Medizin, gut erprobt und in vielen Studien auf mögliche Spätfolgen getestet. Und natürlich gibt es auch immer die Horrorbeispiele, die wir alle kennen, Menschen, bei denen durch OPs irreparable Schäden entstanden sind. Das ist die dunkle Seite der Schönheitschirurgie. Wenn ich operiere, dann allerdings immer unter der Prämisse: Gesundheit vor Schönheit. Und ich gehe keine unnötigen Risiken ein, zum Einsatz kommen erprobte OP-Techniken, ganz nach dem Motto „Don't do tricky things, they are asking for troubles“.