Brustvergrößerung mit Implantat oder Eigenfett?

Brustvergrößerung mit Implantat oder Eigenfett?
Als Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie und Facharzt für Handchirurgie leitet er die Klinik für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie und Handchirurgie in Kassel. In 2008 wurde er zum Professor für Plastische Chirurgie ernannt und seit 2014 war er Präsident von VDÄPC.
Erstellt am 13.01.2015 · Aktualisierung: 6.09.2021

Prof. Magnus Noah spricht auf eine verständliche und objektive Weise über die zwei Brustvergrößerungstechniken – Brustaufbau mit Implantat bzw. Eigenfett. Die Patientinnen erfahren im Interview über die Vorteile, den OP Verlauf, sowie mögliche Risiken der beiden Methoden. Besteht etwa eine allgemeine Empfehlung für eine der beiden Operationstechniken?

Herr Prof. Noah, welche Möglichkeiten hat heute eine Frau, die Ihre Brust vergrößern möchte?

Grundsätzlich gibt es die implantat-gestützte Vergrößerungsplastik, aber auch die Vergrößerungsplastik mit Eigengewebe. Die Eigenfettmethode kann mit Nutzung eines sogenannten Saug-BH’s (Brava-System) kombiniert werden. Jede Methode hat Vor und Nachteile! Unsere Aufgabe als Chirurgen ist es, die optimale Lösung gemeinsam mit den Patienten zu finden. Hier ist die gründliche Untersuchung und ausgedehnte Beratung die Grundlage der Entscheidungsfindung.

Wenn Patientinnen mit dem Wunsch nach einem größeren Busen zu Ihnen kommen, haben sie in der Regel schon eine genaue Vorstellung über die Wahl der Methode oder besprechen Sie zuerst gemeinsam alle Möglichkeiten?

Ja, das stimmt, die meisten Damen haben eine genaue Vorstellung, was sie haben möchten. Die Möglichkeit der Eigenfetttransplantation kommt aber immer mehr in das Bewusstsein und den Wissenstand der Patientinnen. Grundsätzlich muss immer über beide Methoden aufgeklärt werden. Selbstverständlich ist die Eigenfetttransplantation nur dann möglich, wenn ausreichend Fettdepots vorhanden sind.

Letztendlich kommt es also immer auf die körperlichen Voraussetzungen sowie den Wunsch der Patientin an, um die optimale Therapie zu wählen.

Welche Vor- und Nachteile hat die Brustvergrößerung mit Eigenfett?

Der Vorteil des Eigenfettes liegt auf der Hand. Hier wird das eigene Körpergewebe genutzt, um die Brust zu vergrößern. Außerdem kann die Fettabsaugung, auch wenn sie wiederholt durchgeführt wird, zur Verbesserung der sport- und diätresistenten Zonen führen. Nachteil der Methode ist die Möglichkeit der Ausbildung von Öl Zysten, Verkalkungen außerhalb der Brustdrüse und Nichterreichen des gewünschten Ergebnisses. In der Aufklärung stelle ich immer dar, dass ca. 50% des eingebrachten Fettes relativ schnell abgebaut werden. Erst nach 8-12 Wochen kann man von einem stabilen Ergebnis ausgehen. Die Prallheit des Gewebes ist jedoch nicht mit der Prallheit eines Implantat-Aufbaus vergleichbar. Die Brust ist weicher und hat einen natürlicheren Fall.

Vorteil ist auch, dass sich Asymmetrien relativ gut ausgleichen lassen.

Prof Noah

Was spricht für die Silikon-Implantate und was ist ihr Nachteil?

Implantate haben den Vorteil, dass das eingesetzte Volumen und die Form stabil sind. Alle namhaften Implantathersteller bieten mittlerweile eine breite Palette von sehr guten Implantaten an, die eine individuell optimale Augmentation ermöglichen. Hier gibt es unterschiedliche Messmethoden, um das optimale Implantat zu finden. So kann der Patientin schon vor der Operation mit hoher Sicherheit das mögliche Ergebnis dargestellt werden. Nachteil sind natürlich alle implantat-assoziierten Risiken. Zunächst muss ein Schnitt gemacht werden, das heißt an der Brust gibt es eine Narbe. Implantat-basierte Risiken, wie Kapselbildung, Kapelfibrose, Rupturen des Implantates und Austritt von Silikongel gehören in jede korrekte Aufklärung. Die Forschungsergebnisse von 10-Jahrresstudien zeigen eindeutig, dass nicht von einer „Lifetime“ Operation ausgegangen werden darf. Jede Frau muss darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nochmals wegen irgendwelcher Implantat-Probleme operiert werden muss.

Auch wenn ich in meiner bisherigen Tätigkeit noch nicht mit Kapselproblemen bei meinen Patienten konfrontiert wurde, zeigt die Statistik eindeutig, dass wir unsere Patientinnen nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfen.

Die BV mit Eigenfett scheint auf den ersten Blick schonender zu sein. Die Patientin trägt keinen Fremdkörper, der evtl. später ausgetauscht werden muss. Für wen ist also die BV mit Eigenfett geeignet? Und welche Patientinnen müssen auf Eigenfett verzichten?

Grundsätzlich findet man eigentlich bei jeder Patientin Eigenfett. Manchmal sind es nur wenige Milliliter, die dann schonend in die Brust, neben die Drüse, eingebracht werden können. Aber dann sind halt mehrere Operationen notwendig.

Wir sprechen auf Kongressen immer über Anwachsraten. Diese lassen sich sicherlich nur schwer bestimmen. Wichtig für die Patientinnen ist eigentlich nur die Augmentationsrate und diese liegt im Regelfall bei einer Körbchengröße.

Auf Eigenfett muss somit eine Patientin verzichten, die nicht mehrere Operationen haben möchte oder, wenn sie eine deutlichere, pralle Vergrößerung wünscht.

Wie verläuft genau die BV mit Eigenfett?

Zunächst müssen die geeigneten Spenderareale definiert werden. Vor der Operation werden diese angezeichnet. Wir benutzen häufig die Wasserstrahl gestützte Fettgewinnung. Hier wird in einem geschlossenen System das Fett gewonnen und kann aufgearbeitet und dann in die Brust eingebracht werden. Eine Überfüllung ist grundsätzlich zu vermeiden, weil sonst die Durchblutung des Fettes überhaupt nicht mehr gewährleistet ist. Das eingebrachte Fett muss ja Anschluss an das Blutgefäßsystem finden, um zu überleben. Das ist der kritische Punkt der Brustvergrößerung oder Brustrekonstruktion mit Eigenfett.

Wie viele Sitzungen sind im Regelfall üblich?

Das ist individuell sehr unterschiedlich. Zumeist erreichen wir mit einer Behandlung eine Vergrößerung um eine Körbchengröße. Ab da steht der persönliche Wunsch der Patientin wieder neu im Mittelpunkt der Therapieplanung.

Hat die Eigenfettmethode ihre Grenzen?

Ja und Nein. Wenn tatsächlich nur wenige Fettdepots zur Verfügung stehen, geht es nicht. Und wenn der Patientenwunsch nicht mit den Möglichkeiten übereinstimmt.

Sie haben die verschiedenen Indikationen für die BV durch Silikonimplantate genannt. Wie ist, Herr Prof. Noah, Ihre Meinung zum Lebenszyklus der Brustimplantate - können die heutigen Brustimplantate im Körper einer Frau ein Leben lang bleiben? Womit können die Patientinnen rechnen?

Trotz aller Garantien und Versprechungen, die von allen Herstellern gegeben werden, handelt es sich nicht um eine lebenslange Haltbarkeit der Implantate, sondern wenn man das Kleingedruckte liest, um eine lebenslange Austauschgarantie. Das ist ganz anders und muss den Patientinnen explizit dargestellt werden. Ich rate jedem Patienten, aber auch Kollegen die Aufklärungen im amerikanischen Schrifttum zu verfolgen. Hier werden die wissenschaftlichen Ergebnisse in die Aufklärungsunterlagen eingefasst.

Wie lang, bzw. beeinträchtigend ist die Erholungszeit bei den genannten Methoden?

Die meisten meiner implantat-gestützten Augmentationspatientinnen geben an, dass sie nach 3-4 Wochen das Implantat kaum noch spüren und sie ihre Brust in der neuen Form komplett angenommen haben.

Schmerzen sind je nach Implantationstechnik, bei der Einlage unter den z.B. Brustmuskel etwas länger vorhanden, als bei einer Operation auf dem Brustmuskel. Die Komplikationsraten sind jedoch bei der Einlage unter dem Brustmuskel geringer, somit ist das meine favorisierte Methode. Frühzeitige Bewegung, schon 2-3 Stunden nach der Operation, lindert die Schmerzen erheblich. Trotzdem rate ich jeder Dame sich ca. 7-10 Tage, je nach Beruf frei zunehmen.

Kann man Trends beobachten? Also unterliegt die Wahl der Methode einer gewissen Mode oder hängt sie mit der medizinischen Entwicklung und Aufklärung zusammen?

Trends gibt es immer, jedoch ist dies eher Marketing assoziiert. Hierbei meine ich nicht das Marketing der Ärzte, sondern das Marketing in den Zeitschriftenverbänden oder auch Selbsthilfegruppen. Wir Behandler müssen hier eine neutrale Position einnehmen und den Patientinnen alle Vor- und Nachteile eindeutig und schonungslos darstellen. Die gewählte Therapieoption muss natürlich auf die körperlichen Voraussetzungen der Patientin abgestimmt werden. Modererscheinungen haben hier eigentlich nichts zu suchen. Schauen Sie sich nur die unsägliche Wochenendvergrößerung mit Kochsalzlösung an. Das ist wirklich eine blödsinnige Marketingmasche eines Chirurgen aus den USA.

Solche Meldungen werden von den Medien gerne aufgenommen und können dann zu Verunsicherungen der Patientinnen führen.

Vielen Dank Herr Prof. Noah für das interessante Interview.

Dr. med. Hamid Joneidi Jafari
Bochum, Nordrhein-Westfalen
Dr. med. Dirk Heinichen
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Eutin, Schleswig-Holstein
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